Blumenthal-Gelände

Die Herner GRÜNEN haben bei ihrer Mitgliederversammlung am 18.5.2022 eine Positionsbestimmung zur Entwicklung des Blumenthal-Geländes vorgenommen. Der Antrag, den eine Projektgruppe aus Parteimitgliedern seit Mitte 2021 erarbeitet hat, fand bei der Mitgliederversammlung breite Zustimmung.

Die Planungsanforderungen der Herner GRÜNEN umfassen das ganze Spektrum planerischer Anforderungen: Neben Anforderungen an die städtebauliche Gestaltung, nachhaltige Bauweisen und Energieversorgung stehen vor allem stadtklimatische Ziele im Fokus: Die Verschärfung von Hitzeinseln, aber auch die Gefahr von Überschwemmungen sind nach Überzeugung der Herner GRÜNEN nur auszuschließen, wenn die bauliche Nutzung des Geländes im Rahmen bleibt. Die GRÜNEN fordern nicht nur den Erhalt substanzieller und naturnah zu belassender Freiflächen auf dem Gelände, sondern auch eine Versiegelung, die 30 % der Fläche nicht übersteigt.

 
Der Beschluss zum Blumenthal-Gelände im Wortlaut:

Vorbemerkungen und Ziel

Für uns Herner GRÜNE ist die Entwicklung des Blumenthal-Geländes eine der wichtigsten städtebaulichen, aber auch klima- und umweltpolitischen Fragestellungen für die Herner Stadtpolitik der 2020er Jahre. Für uns ist klar: Die Fläche bietet enorme städtebauliche Entwicklungspotenziale. Aber: Die Fläche darf nicht – wie so viele Potenzialflächen zuvor – für nicht nachhaltige und die Umweltqualität in unserer Stadt weiter beeinträchtigende Industrieansiedlungen verschwendet werden! Und: Auf dem Blumenthal-Gelände hat sich, vor allem nach der Aufgabe der industriellen Altnutzung – eine schutzbedürftige und schützenswerte natürliche Sukzession entwickelt, deren Artenvielfalt nicht ohne Weiteres für eine bauliche Wiederinanspruchnahme beseitigt werden darf! Daher werden nachfolgend Kriterien beschrieben, die Prüfsteine für eine für GRÜNE zustimmungsfähige Entwicklung des Blumenthal-Geländes sein sollen.

 

Nutzungsarten und Bodennutzung

Wir Herner GRÜNEN können uns eine bauliche Inanspruchnahme des Geländes nur dann vorstellen, wenn es gelingt, dort eine hochwertige, tertiär und wissensorientierte gewerbliche Entwicklung zu ermöglichen. Wir fordern eine Festlegung auf Nutzungen aus dem Bereich der Hochtechnologie und der Wissensindustrien. Besonders dringlich ist in Herne die Ansiedelung von Forschungseinrichtungen. Ideal wäre die Nutzung als Standort einer Emscher-Universität. Von den angesiedelten Betrieben und Einrichtungen darf keine Lärm- und Luftbelastung für die angrenzenden Gebiete ausgehen. Die Ansiedelung transportintensiven Gewerbes muss ausgeschlossen sein. Das Blumenthal-Gelände ist einmalig unter den mittlerweile wenigen verbleibenden Entwicklungsflächen im Stadtgebiet. Wir lehnen daher insbesondere die Ansiedelung von Logistikbetrieben und anderem nichttertiärem Gewerbe ab. Auch kommt für uns unter den gegebenen Umständen eine Wohnnutzung auf dem Gelände nicht in Frage.

 

Stadtentwicklung, Planungsmethodik und Bürger:innenbeteiligung

Eine mögliche Entwicklung des Blumenthal-Geländes muss nach Überzeugung der Herner GRÜNEN auch Impulse für benachbarte Wohnlagen erbringen. Daher fordern wir – ausgehend von den Varianten für die Entwicklung des Geländes – die Erarbeitung eines städtebaulichen Rahmenplanes für den gesamten Ortsteil in Wanne-Süd, der das Gelände umgibt. Auch sind die städtebaulichen Beziehungen und Grünverbindungen nach Holsterhausen, Eickel und Wanne-Nord in der Rahmenplanung zu berücksichtigen. Erforderlichenfalls müssen Bebauungspläne für benachbarte Lagen parallel zu den Bauleitplanverfahren für das Blumenthal-Gelände durchgeführt werden. Die Erarbeitung von konkreten Entwicklungsperspektiven für das Quartier muss schon frühzeitig von einer umfassenden Bürger:innenbeteiligung flankiert werden. Diese Beteiligung muss im Planungsprozess kontinuierlich fortgesetzt werden und geeignete aufsuchende und aktivierende Formate und Methoden für alle Planungsphasen beinhalten. Wir Herner GRÜNEN sehen derzeit kein Erfordernis, eine Änderung des Regionalen Flächennutzungsplans vorzunehmen. Insbesondere lehnen wir ab, die auch regionalplanerisch gesicherte Durchgrünung des Geländes ohne vorliegende Gesamtkonzeption aufzugeben. Die Schaffung von Planungsrecht soll auf der Grundlage einer umsetzungsfähigen Städtebaulichen Planung erfolgen.

 

Gestaltung, Architektur und Ressourcenschutz

Bei der Errichtung von Gebäuden ist sicherzustellen, dass den Erfordernissen des klimagerechten und -neutralen Bauens entsprochen wird. Das gilt insbesondere für die Auswahl der verwendeten Baumaterialien. Das entstehende Quartier muss ein Plusenergiequartier sein. Dies ist durch ein zu erarbeitendes Energiekonzept, dessen Bilanzierung auch die verwendeten Baustoffe und Bautechnologien umfasst, sicherzustellen. Die Nutzungspotentiale erneuerbarer Energien müssen umfänglich gehoben werden. Die Dachflächen sollen vollständig der Gewinnung solarer Strahlungsenergie dienen; wo dies nicht möglich ist, sind die Dächer zu begrünen. Ein entstehendes Baugebiet muss, um Entwicklungsimpulse auch für seine Umgebung zu setzen, in herausragender Weise architektonisch gestaltet sein. Die hochwertige Gestaltung ist durch städtebauliche Wettbewerbe abzusichern.

 

Flächenverbrauch, Boden- und Klimaschutz, Wasser

Wir Herner GRÜNEN verlangen, dass durch die bauliche Inanspruchnahme des Blumenthal- Geländes keine erheblichen Beeinträchtigungen des Stadtklimas entstehen. Die Stadtverwaltung muss bei der weiteren Konkretisierung diese Beeinträchtigung gutachterlich ausschließen können. Wir GRÜNEN gehen davon aus, dass, um eine Beeinträchtigung des Stadtklimas auszuschließen, der Bebauungsgrad der Fläche 30 % nicht überschreiten darf. Die Bebauung darf vorhandene Hitzeinseln in der Stadt nicht zusätzlich belasten. Die Ausrichtung der Bebauung darf den Luftaustausch nicht beeinträchtigen. Das bedeutet in der Regel eine naturnahe, extensive Gestaltung der Freiräume. Die Freiflächen auf dem Gelände sollen – wie bereits im Rahmen des integrierten Handlungskonzeptes Wanne-Süd 2014 beschlossen – Bestandteil eines Grünverbindungsnetzes der Stadt Herne werden. Die natürlichen Bodenfunktionen sind, wo immer möglich, zu erhalten oder wiederherzustellen. So sollen beispielsweise Flächen für den ruhenden Verkehr möglichst reduziert und nicht versiegelt werden.

Wir GRÜNEN fordern – unabhängig von der Errichtung baulicher Anlagen – die vollständige Altlastensanierung des Geländes. Auf dem Gelände dürfen zukünftig keine Nutzungen mehr stattfinden, die das Grundwasser beeinträchtigen. Die Fläche soll künftig auch Leistungen für den vorbeugenden Hochwasserschutz erbringen. Sämtliches Niederschlagswasser soll – auch bei Starkregenereignissen – auf der Fläche verbleiben und an geeigneter Stelle versickert bzw. verdunstet werden.

 

Natur- und Artenschutz

Die Bebauung soll so auf dem Gelände integriert werden, dass auch substanzielle Flächen erhalten bleiben, die dem Natur- und Artenschutz dienen. Die bislang auf dem Gelände vorkommenden Arten sollen auch zukünftig Habitate auf der Fläche vorfinden. Dazu ist es erforderlich, von der Verwirklichung eines umfänglichen Stadtwaldes auf der Fläche abzusehen. Im Rahmen der Städtebaulichen Planung muss durch Verträge oder geeignete Nebenbestimmungen die Pflege der Habitate, vor allem auch der Brachflächenarten, sichergestellt werden. Im Rahmen der weiteren Konkretisierung sind – wie bereits im Rahmen des Integrierten Handlungskonzeptes Wanne-Süd von 2014 beschlossen – auch die Potenziale naturnaher Naherholung auf dem Gelände zu prüfen. Die siedlungsgebundenen Freiflächen in dem entstehenden Baugebiet sind ebenfalls ökologisch zu gestalten; insbesondere sind Bodenversiegelungen aller Art zu minimieren und auf eine standortgerechte und den Artenreichtum fördernde Pflanzenauswahl abzuzielen.

 

Mobilität

Jede Entwicklung des Blumenthal-Geländes muss sich an der Nachhaltigkeit und dem Innovationspotenzial ihrer Mobilitätskonzeption messen lassen. Uns Herner GRÜNEN ist dabei besonders wichtig, dass ein zu erarbeitendes Mobilitätskonzept nicht nur den Standort, sondern auch sein Umfeld mitdenkt. Wir verlangen eine Gesamtkonzeption, die alle Anbindungserfordernisse für den Wanne-Eickeler Hauptbahnhof und alle Barrierewirkungen der Bahnflächen zwischen Wanne, Eickel und Holsterhausen integriert untersucht und planerisch bearbeitet. Konkret fordern wir, dass ein entstehendes Baugebiet selbst autofrei gestaltet wird und der MIV zentral gesammelt wird. Wir erwarten, dass keine Investitionen in den und keine Flächenbereitstellung für den MIV im Zuge der Entwicklung stattfindet. Um das Entstehen von MIV zu reduzieren, ist eine Anbindung an das Stationsnetz von metropolrad.ruhr ebenso erforderlich wie die Verwirklichung eines Bahntrassenradweges über Hibernia nach Herne- Süd und die Verwirklichung eines Fahrradparkhauses inklusive der erforderlichen Ladeinfrastruktur. Die Einrichtung einer Mobilstation an geeigneter Stelle ist ebenso zu prüfen wie die Verwirklichung eines eigenen SPNV-Anschlusses des Geländes. In jedem Fall muss das Busliniennetz der Stadt Herne auf die künftige Entwicklung reagieren; erforderlichenfalls ist der Nahverkehrsplan der Stadt zu überarbeiten und zusätzliche Bushalte und -linien einzurichten.

Wir Herner GRÜNEN sehen die Seilbahn-Pläne der Stadtverwaltung kritisch. Vorbehalte haben wir insbesondere hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit und weil eine Seilbahn nur eine Punkt-zu-Punkt-Verbindung schüfe, sodass der Stadtteil Wanne-Süd und der Standort des Technischen Rathauses nicht von einer Seilbahnverbindung profitieren würden. Wir präferieren demgegenüber, dass der Wanne-Eickeler Hauptbahnhof um einen Südausgang ergänzt wird, der die Fußwege in das Quartier und den westlich angrenzenden Stadtteil ganz erheblich verkürzen würde. Die Konkretisierung und Verräumlichung der Mobilitätskonzepte soll bei Festlegung der endgültigen Nutzungsabsichten und Nutzungsverteilung abgeschlossen sein.