Vielfalt

 

MASTERPLAN VIELFALT
BAUSTEIN 1
QUEERE STADT HERNE

 

VORBEMERKUNGEN

Mit diesem ersten Teil des Masterplans Vielfalt wollen wir als GRÜNE FRAKTION ein klares Bekenntnis zu einer aktiven, gestaltenden Queerpolitik für unsere Stadt abgeben. Wir sehen das zwingende Erfordernis, der queeren Community in unserer Stadt eine Perspektive zu geben, dass Politik und Verwaltung sich für ihre Partizipation, Sichtbarkeit und Sicherheit in der Stadtgesellschaft stark machen. Für uns besteht hier akuter Handlungsbedarf: Während mit SVEN LEHMANN der erste Queerbeauftragte der Bundesregierung seine Arbeit aufnimmt, nehmen wir als GRÜNE FRAKTION wie die ehrenamtlich Engagierten kaum Fortschritt seitens der Stadt oder der rot-schwarzen Stadtregierung wahr.
Dieser Masterplan speist sich aus unserem Kommunalwahlprogramm, Best-Practice-Beispielen aus anderen Städten und insbesondere dem Austausch mit den ehrenamtlichen Akteur*innen in Herne. Im Gegensatz zu anderen politischen Handlungsfeldern ist es nicht so einfach, klar überprüfbare Sektorenziele festzulegen. Erfolge in Partizipation, Sichtbarkeit und Sicherheit sind nur in einem gewissen Rahmen messbar. Deswegen ist für uns zentral, unsere Forderungen im Dialog mit der queeren Community immer wieder auf den Prüfstand zu stellen.
Wir hoffen, auf diese Weise die laute, unbequeme und nachdrückliche Stimme für queerpolitischen Fortschritt zu sein, die diese Stadt so dringend braucht und die wir als GRÜNE in unserer politischen DNA verankert haben.

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[infobox title=““]„Herne soll ein sicherer Ort für Menschen aller sexuellen Orientierungen und geschlechtlichen Identitäten sein. Es ist an der Zeit, die sexuelle Vielfalt der Herner Bürger*innen nicht nur stillschweigend hinzunehmen, sondern die Akzeptanz innerhalb der Gesellschaft aktiv zu fördern. Für all das braucht es einen engen Austausch und eine intensive Abstimmung mit der queeren Community selbst – ‚Nothing about us without us!’“
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ZIELE BIS SPÄTESTENS 2025

  • Die Stadt Herne soll allen sexuellen und geschlechtlichen Identitäten ein Zuhause bieten
  • Es existiert ein aktives queeres Netzwerk in Herne, das Initiativen und Bedürfnisse koordiniert und nicht allein von ehrenamtlicher Arbeit getragen wird
  • Die Sichtbarkeit queerer Menschen besteht nicht nur bei vereinzelten, explizit queeren Events, sondern wird in allen Bereichen der Stadtgesellschaft hergestellt
  • Es gibt Anlauf- und Beratungsstellen in Herne, die queere Menschen aller Altersklassen unterstützend zur Seite stehen
  • In der Stadtgesellschaft und insbesondere in den sensiblen Bereichen (Behörden, Bildungseinrichtungen, Medizin) wird gezielt Wissen über den Umgang mit queerer Identität aufgebaut
  • Queere Bildung ist fester Bestandteil des Lehrplans an Schule
  • Es werden verschiedene queere Freizeitangebote in unserer Stadt angeboten, sodass Herner*innen für einen derartigen Austausch nicht mehr in die Nachbarstädte fahren müssen
  • In Herne wird Queerfeindlichkeit aktiv durch präventive und aufklärende Arbeit bekämpft

VORGESCHLAGENE MASSNAHMEN

EHRENAMTLICHES NETZWERK HAUPTAMTLICH KOORDINIEREN

    Die queere Angebotslandschaft in Herne war lange Zeit weitgehend verwaist und ist erst in den vergangenen Jahren durch ehrenamtliches Engagement belebt worden. Mit der Resonanz auf das queere Jugendforum und dem Herner CSD wird mehr als deutlich, dass es in unserer Stadt große Nachfrage für diese und weitere queere Anlaufstellen, Austauschrunden und Freizeitangebote gibt. Die Schaffung dieser Angebote kann und darf aber nicht von den personellen, zeitlichen und finanziellen Ressourcen des Ehrenamts abhängen. Wir sehen die Stadt Herne in der Pflicht, sich um den Aufbau und die Koordination eines queeren Netzwerks zu kümmern.

 
DAHER FORDERN WIR:

  • eine hauptamtliche (und nach Möglichkeit fördermittelgestützte) Koordinierungsstelle, die als Stabsstelle bei der Stadt oder bei einem freien Träger verortet ist, von einer Person mit beruflicher Erfahrung sowie Qualifizierung in der queeren Netzwerkarbeit besetzt wird und
    • sich der Organisation und Verzahnung der ehrenamtlichen Kräfte widmet
    • die Akquise von Fördermitteln für queere Projekte auf kommunaler Ebene übernimmt
    • einen regelmäßigen Austausch mit der queeren Community in Form eines runden Tisches pflegt
    • die Verstetigung der bestehenden Strukturen wie des queeren Jugendforums durch langfristige finanzielle Garantien sicherstellt
    • in Kooperation mit dem Ehrenamt Ideen für weitere queere Freizeitangebote entwickelt
    • sich für die Sichtbarkeit queerer Menschen in den unter-schiedlichsten Aspekten der Stadtgesellschaft stark macht
    • die städtische Ausgabe und Anerkennung der sogenannten „dgti-Ergänzungsausweise“ für Trans- und Inter-Personen organisiert

HERNER STADTGESELLSCHAFT UMFASSEND INFORMIEREN UND SENSIBILISIEREN

    Noch immer werden queere Menschen in unserer Stadt regelmäßig unsensibel bis diskriminierend behandelt. In den meisten Fällen liegt das jedoch nicht an einer grundsätzlichen, ablehnenden Haltung, sondern schlicht an Unwissenheit über den richtigen Umgang. Solange die Kenntnis zur LGBTQIA*-Community an zentralen Stellen unserer Gesellschaft maximal bis zum „B“ reicht, wird es zwangsweise immer wieder zu Situationen kommen, die für beide Seiten, insbesondere aber für die queeren Personen, problematisch sind.

 
DAHER FORDERN WIR:

  • einen detaillierten Aktionsplan zur Gleichstellung von LGBTQIA* für die Stadt Herne (analog zum Plan der Stadt Bielefeld), der diese „Queerschnittaufgabe“ widerspiegelt und für die einzelnen Bereiche des städtischen Lebens detailliert Maßnahmen und Verantwortlichkeiten beschreibt
  • verpflichtende Fortbildungen in allen städtischen Institutionen zum Umgang mit queeren Menschen und eine stetige Überarbeitung des im Büro für Gleichstellung und Vielfalt erarbeiteten Leitfadens
  • eine Kooperation mit dem Land und den Verbänden im Bildungsbereich, um Lehrkräften und Erzieher*innen zu queeren Themen zu schulen
  • einen Austausch mit der Ärztekammer NRW, der Herner Gesundheitswoche und dem Gesundheitswesen als größtem Arbeitgeber unserer Stadt, um die eklatante Leere an Weiterbildungsmöglichkeiten zu Queermedizin, insbesondere hinsichtlich trans Personen, zu füllen
  • die Beschäftigung mit verschiedenen sexuellen und geschlechtlichen Identitäten in der schulischen Bildung, insbesondere über Aktionstage und in Zusammenarbeit mit bestehenden, kostengünstigen Angeboten wie „SCHLAU“
  • die Nutzung gendergerechter Sprache sowie die Abbildung queerer Lebensrealitäten in städtischen Veröffentlichungen
  • die Stadt Herne auf, sich mit ihren Gesellschaften der „Charta der Vielfalt“ anzuschließen und dafür auch in der Herner Wirtschaft einzutreten
  • die Beteiligung der Stadt an Aktionstagen wie dem IDAHOBIT und dem CSD Herne in Form von finanzieller Unterstützung und inhaltlicher Solidarität (z.B. durch Wortbeiträge und das Hissen von Flaggen)

QUEERFEINDLICHKEIT KONSEQUENT BEKÄMPFEN – OPFER HÖREN UND UNTERSTÜTZEN

    Neben Diskriminierung aus Unwissenheit gibt es auch immer wieder queerfeindliche Angriffe verbaler oder körperlicher Natur. Neben einer umfangreichen Prävention über die bereits genannten Wege der Information, Aufklärung und Weiterbildung und einem starken Antidiskriminierungsgesetz, für das wir auf Landesebene streiten, gibt es leider kaum Möglichkeiten, den einzelnen Übergriff zu verhindern. Stattdessen ist es aber möglich und dringend erforderlich, den Umgang im Nachgang zu verändern. Das umfasst eine queerspezifische Sensibilisierung von Ermittlungsbehörden und Berichterstatter*innen, aber auch ein vertrauensvolles Betreuungs- und Gesprächsangebot für Betroffene von Hasskriminalität.

 
DAHER FORDERN WIR:

  • einen geschärften Blick für einen möglichen queerfeindlichen Hintergrund von Straftaten innerhalb der Polizei
  • eine sensibilisierte Kommunikation der beteiligten Akteur*innen, die mögliche Fehltritte (Misgendering, Deadnaming etc.) verhindert
  • eine lokal verankerte Kontaktstelle für queere Menschen, die Opfer von Hasskriminalität geworden sind, die sich – falls gewünscht – unter anderem um psychologische Betreuung und einen Aus-tausch mit anderen Betroffenen kümmert
  • Schnittstellenveranstaltungen zu verschiedenen, oft kumulativ auftretenden Diskriminierungsformen (Queerfeindlichkeit, Flucht, Rassismus)