Flächenschutz Freiflächen sind in Herne ein knappes GutBoden ist nicht vermehrbar und daher – zumindest in der Stadt Herne – ein knappes Gut. Hier ist Bodenpolitik mit vielfältigen und für eine lebendige Stadt notwendigen Nutzungsanforderungen konfrontiert. Es soll Wohnen für alle ermöglicht werden, Arbeitsplätze sollen vor Ort sein und Verkehrsinfrastruktur soll jeden Ort der Stadt und im Umland erreichbar machen. Lange wurden Freiflächen als eigenständiges und schützenswertes Stadtgut nur für wenige und eher lokale Nutzungen angesehen. Städtische Parks sollten Erholung und Freizeitgestaltung bieten, der noch freie Außenbereich war eher Reservefläche für weitere Bebauung und gewerbliche Nutzung. Bedeutung von Frei- und Grünflächen endlich erkennenSeit einigen Jahren rücken der Schutz und Fragen der Bedeutung von Freiflächen für die Stadtentwicklung stärker in den Vordergrund. Damit knüpft man im Ruhrgebiet an frühe Überlegungen an. Bereits vor knapp 100 Jahren wurde die Bedeutung einer zusammenhängenden grünen Infrastruktur für das Ruhrgebiet erkannt – heute ist dies in den regionalen Grünzügen erkennbar. Lokal wurde zwar mit hoher Einwohnerdichte, aber mit aufgelockerten Bauflächen gebaut; zudem entstanden die Kleingärten als Naherholung und auch für die Eigenversorgung mit Nahrungsmittel. Grund für das Umdenken war die erkennbar immer stärker werdende Nachfrage nach Bau- und Gewerbeflächen, die zumindest in den Kernstädten nicht mehr einfach erfüllt werden konnte. Selbst eine einwohnermäßig schrumpfende Stadt wie Herne sah und sieht sich weiterer Flächennachfrage gegenüber, die sich aus höheren Ansprüchen an das Wohnen – mehr Wohn- und Grundfläche pro Einwohner*in durch mehr Singlehaushalte und Eigenheimnachfrage – sowie mehr Gewerbeflächenbedarf pro Arbeitsplatz zusammensetzt. Brachfallende Industrieflächen, die erst in sehr langen Zeiträumen reaktiviert werden können, haben die Flächenknappheit weiter verschärft. Innenverdichtung war lange Zeit in der Stadtentwicklung angesagt, sollte dies doch die Infrastruktur, die für viel mehr Menschen ausgelegt ist, besser ausnutzen und zudem das Wachstum der bebauten Fläche der Stadt begrenzen. Diese Bodenpolitik führt jedoch zu neuen Konflikten, denn mit der Innenverdichtung wird häufig die direkte Nachbarschaft in ihrer Wohn- und Lebensqualität eingeschränkt. Mehr Verkehr durch neue Wohnbebauung, mehr Parkraumnachfrage, weniger Freifläche für Kinder und Naherholung sind hier die Stichworte. Heute kommen weitere Anforderungen aus dem ökologischen und klimagerechten Stadtumbau und die Anpassungsstrategien an den Klimawandel hinzu. Grüne Freiflächen – besser sogar Wasserflächen – kühlen die Umgebung kleinräumig ab. Flächen für die Regenwasserrückhaltung verhindern zudem Überschwemmungen bei Starkregen. Gerade den Freiflächen des Innenbereichs kommt jetzt eine neue ökologische und für die Quartiersqualität entscheidende Bedeutung zu. Stadtentwicklung ohne erkennbare klare LinieDie Stadtpolitik sieht sich heute also mit einer Vielzahl von alten und neuen Qualitätsfragen der Stadtentwicklung konfrontiert. Gleichzeitig sind durch die langanhaltende und bislang ungelöste Krise der Kommunalfinanzen die kommunalen Handlungsspielräume stark eingeschränkt. Dies gilt insbesondere für eine Stadt wie Herne, aber nicht nur für uns. In der ganzen Republik wird eine verlorene Steuerungskraft kommunaler Bodenpolitik und Fähigkeit zur Stadtentwicklung festgestellt – nicht nur von der Politik, auch Wissenschaft und die gemeinwohlorientierte Wohnungswirtschaft sehen dies so. Eine Folge ist, dass die Stadtentwicklung heute auch in Herne keiner Linie mehr folgt. Teilnahme an Förderprogrammen und kurzfristige Investitionsentscheidungen von Dritten bestimmen das Bild. Stadtumbaupläne sind zunächst öffentlich geförderte Pläne – die Umsetzung ist eher selten möglich, jedenfalls nicht einfach aus eigener Kraft. Eigene Flächenaktivierung erfolgen in Herne häufig zu stark unter dem Gesichtspunkt der Einnahmeverbesserung; die Flächen werden also für Bauprojekte verkauft und eher nicht für Freiflächenentwicklung im Innenbereich genutzt. Als Beispiel seinen hier das kommunale Wohnbauflächenprogramm und das von den Grünen initiierte Grünflächenentwicklungsprogramm genannt. Während die Aktivierung kommunaler und privater Bauflächen von SPD und CDU sehr konsequent verfolgt wird, fristet das Grünflächenentwicklungsprogramm ein Nischendasein. Jahrelang tat sich nichts, dann gab es einen Minientwurf, der eher peinlich als ökologisch ist. Eine Weiterentwicklung steht aus. Langfristiges StadtentwicklungskonzeptHerne benötigt ein Stadtentwicklungskonzept, dass langfristige Entwicklungslinien aufzeigen soll, die dann auch konsequent verfolgt werden. Die Grüne Idee ist die Positionierung Hernes als zentrale Wohnstadt mit hochwertigem Wohnen. Dies erfordert eine Aufwertung des Quartiers gerade auch im Bestand. Dies bezieht sich nicht nur auf die Wohnungsqualität direkt, sondern noch stärker auf das Wohnumfeld, das verkehrsarm und grün gestaltet sein muss. Grün darf nicht das sein, was übrigbleibt – es muss ein eigenständiger Wert in der Stadtentwicklung werden, der das Wohnen und das gesellschaftliche Leben aufwertet. Es muss auch qualitativ hochwertigen Wohnungsneubau geben. Das Image einer Wohnstadt wird man nur mit einer besseren Sozialstruktur als heute erreichen können. Industrieflächen reaktivieren und flächensparend bauenIn den nächsten Jahren muss es gelingen, die immer noch umfangreichen alten Industrieflächen zu reaktivieren. Hier gibt es große Flächenreserven. Dies ist wichtig, um das Ausbreiten der bebauten Stadtfläche in den ohnehin schon kleinen Herner Außenbereich zu vermeiden. Für eine Stadt ohne Umland wie Herne muss neben einem qualitativ hochwertigen Neubau auch flächensparendes Bauen ein Thema sein. In früheren Jahren gab es mehr Mut zum experimentellen Wohnungsbau, der hochwertiges Wohnen auf kleiner Grundfläche realisierte. Die heutigen Bauprojekte sind doch eher von begrenzter städtebaulicher Qualität und mehr traditionell angelegt. Es fehlt auch eine autoarme Siedlungsentwicklung. Gerade die Verkehrsflächen – und hier besonders die Parkplätze – sind für eine stärkere Durchgrünung der Stadt wichtige Flächen. Leider sieht das die Stadtregierung aus SPD und CDU in Herne nicht so. Wohnen am Wasser und Anlage von WasserflächenDie Emscher-Renaturierung führt zu einer erheblichen Aufwertung der angrenzenden Wohnquartiere. Maßvoller ergänzender Wohnungsbau und Anbindung der Quartiere an den grünen Emscherraum müssen wichtige Ziele der Stadtentwicklung sein. Gerade die Emscherinsel – der Raum zwischen dem Rhein-Herne-Kanal und der Emscher – muss besser für die Grünentwicklung und Wohnen genutzt werden. Bislang untergenutzt sind Flächen am Kanal. Wohnen am Wasser ist in anderen Städten ein erkennbar stärkeres Thema. In Herne dominieren immer noch gewerbliche Nutzungen die aus der Zeit des Kanals als Wirtschaftswasserweg stammen. Der Klimawandel ist bereits im Gange und gerade die innerstädtischen Temperaturen liegen bereits heute messbar höher und es wird ein weiterer sehr deutlicher Anstieg erwartet. Neben Grünflächen bewirken besonders Wasserflächen einen Abkühleffekt in einer bebauten Umgebung. Bei der Freiflächenentwicklung ist daher besonders auf die kleinräumige Anlage von Wasserflächen zu achten. Grün endlich besser pflegen und vernetzenBestehende Grünflächen und auch Straßenbäume müssen mehr als bisher gepflegt werden. Gerade kommunales Grün wurde in der Vergangenheit zu sehr nur als Kostenfaktor gesehen. Während Parkanlagen in den letzten Jahren teils sehr aufwändig – mit Fördergeldern – saniert wurden, werden die Straßenbäume weiter vernachlässigt. Problematisch sind auch die immer öfter anzutreffenden Schottergärten. Offenbar können ältere Hausbesitzer ihre Gärten nicht mehr selber angemessen pflegen und haben auch nicht die finanziellen Mittel für eine Fremdpflege. Andere Hausbesitzer oder Firmen wollen gleich eher pflegeleichte Freiflächen. Hier hilft nur Beratung, die mindestens zur Herrichtung von pflegeleichtem Grün führen muss. Die innerstädtischen Grünflächen müssen vernetzt und nach Möglichkeit an die regionalen Grünzüge angeschlossen werden. Dies wäre eine Aufwertung für den Fuß- und Radverkehr und für die Naherholung. Brachflächen sollten je nach Lage als Ergänzungsfläche bestehender Grünflächen oder als neue Grünfläche hergerichtet werden. Mit dem Grünflächenentwicklungskonzept liegt grundsätzlich bereits ein von der Grünen Fraktion initiiertes Planungsinstrument vor, das aber bislang nicht genutzt wird und unter der rot-schwarzen Stadtregierung – wie viele Themen aus dem Umweltbereich – keinen großen Stellenwert besitzt.