Unsere Argumentation für die Dichtheitsprüfung

Der Rat der Stadt Herne hat im März mit den Stimmen von SPD und FDP beschlossen, dass private Hausanschlüsse an die öffentliche Kanalisation nicht mehr auf Dichtheit untersucht werden sollen.
Hier erklären wir, aus welchen Gründen die Herner Grünen dagegen sind.

1. Die Rechtslage
Der Landtag hat soeben das überarbeitete Landeswassergesetz beschlossen. Klar geregelt ist dort nur, dass Hauseigentümer in Wasserschutzgebieten alle 20 Jahre ihre Anschlüsse überprüfen müssen. Außerhalb von Wasserschutzgebieten (gilt für Herne) sollen die Kommunen eigene Regelungen treffen können. Im vorherigen Entwurf waren noch Fristen von 30 Jahren für Wohnhäuser außerhalb von Wasserschutzgebieten vorgesehen; diese Frist ist allgemein als vernünftig angesehen worden.
Die Interpretation, dass die kommunale Regelung auch so aussehen könne, dass die Dichtheit der Hausanschlüsse und damit Schäden an der Abwasserleitung gar nicht mehr untersucht werden müssen, ist u.E. sehr weit hergeholt und auch ökologisch unsinnig.
Wie das Gesetz angewendet werden muss und soll wird ohnehin erst in den nächsten Wochen auf Grundlage einer Durchführungsverordnung festgelegt. Erst dann wird man überhaupt sichere Aussagen treffen können. Es ist ungewöhnlich, dass im Vorgriff auf eine gesetzliche Regelung bereits eine kommunale Interpretation beschlossen wird.
Die neue Formulierung im Landeswassergesetz ist hoch umstritten, da sie eine Fülle von möglichen Einzelregelungen nach sich ziehen kann. Nach Auffassung der Grünen und auch vieler anderer ist aber in jedem Fall eine Dichtheitsprüfung notwendig. Lediglich die Fristen sowie der Umfang der Schadensbeseitigung könnten kommunal geregelt werden.

2. Grüne sind für Grundwasserschutz
In der Vergangenheit ist dem Schutz des Grundwassers zu wenig Bedeutung beigemessen worden. Gerade im Ruhrgebiet ist das oberste Grundwasser z.B. durch Deponien, Industriehinterlassenschaften – hier insbesondere denen des Bergbaus – stark verunreinigt. Das soll nicht so bleiben. Deshalb setzen sich die Grünen für einen umfassenden Schutz und Regeneration des Grundwassers ein. Dazu gehört auch, dass häusliches Abwasser sicher in die öffentliche Kanalisation abgeleitet wird.

3. Einhaltung von Hygienestandards
Bei der sicheren Ableitung häuslichen Abwassers geht es nicht nur um die Abwendung von akuten Gefahren für das Grundwasser, sondern auch um die Sicherstellung der geregelten Abwasserbeseitigung in der Stadt. Immerhin wird aus allgemeinen hygienischen Gründen in jeder Stadt ein öffentliches Kanalnetz betrieben – da liegt es sicher nahe, dass man sicherstellt, das Abwässer aus den Haushalten auch in dieses Netz gelangen und nicht am Haus mehr oder weniger umfangreich versickern.

4. Erfahrungen bei Dichtheitsuntersuchungen
Die bisherigen Erfahrungen mit privaten Abwasseranschlüssen an das öffentliche Kanalnetz zeigen auch, dass die Dichtheitsprüfung keineswegs eine unsinnige Forderung ist. Bei der Anhörung im Landtag berichtete z.B. die Stadt Lünen von ihren Erfahrungen. Dort wurden bislang rund 4.000 Anschlüsse überprüft, hiervon waren 83,5% defekt. Von den defekten Anschlüssen wiesen rund ¾ so bedeutende Schäden auf, dass in absehbarer Zeit eine Sanierung gefordert werden musste.
Ähnliche Erfahrungen, wenngleich zahlenmäßig nicht so umfangreich, liegen auch aus Herne vor. So wurden z.B. bei den Kanalsanierungen der Hauptstraße in Wanne in großem Umfang defekte private Anschlüsse vorgefunden.
Die erkennbare Vielzahl der Undichtigkeiten und der Umfang der Leckagen macht das Problem der häuslichen Abwässer aus. Es sind eben nicht Einzelfälle, die angesichts der eher geringen Abwassermenge von privaten Haushalten nicht ins Gewicht fallen.

5. Dichtheitsprüfung macht Sinn – Wegsehen nicht
Der Beschluss des Rates auf einen Verzicht der Dichtheitsprüfung bedeutet vor dem Hintergrund der empirischen Erfahrungen, dass eine unkontrollierte Versickerung privater Abwässer einfach geduldet wird. Wer nicht nachschaut, sieht auch keine Probleme.
Es bleibt auch unklar, warum ausgerechnet die Prüfung der Abwasserleitung so ein Problem darstellen soll. Immerhin gibt es für eine Vielzahl von Anlagen Prüfpflichten, z.B. für PKWs, Heizungsanlagen, Öl- oder Gastanks. Diese Prüfpflichten werden alle zur öffentlichen und privaten Gefahrenabwehr durchgeführt. Eine Prüfpflicht im Abstand von 30 Jahren für die Hausentwässerung sehen wir nicht als unangemessen an.

6. Förderung von Sanierungen
Der Gesetzgeber legt gerade für Immobilien häufig Prüfungen, Sanierungspflichten und Ziele von Sanierungsmaßnahmen fest, z.B. bei der Fassadendämmung. Diese Auflagen werden häufig mit zinsgünstigen Investitionskrediten gefördert. Die Landesregierung sieht richtigerweise auch die Sanierung von Hausentwässerungsanlagen als förderwürdig an. Damit werden Investitionen in die Sicherstellung der privaten Abwasserbeseitigung wie andere Investitionen zur Gefahrenabwehr oder der Förderung des Umweltschutzes gleichgestellt.