Grüne stimmen Haushalt 2012 zu

Einen Wachstumspakt nicht nur für Italien und Spanien, sondern auch für Herne und Wanne-Eickel forderte die grüne Fraktionsvorsitzende Dorothea Schulte in ihrer engagierten Rede zum Haushalt 2012. Diese Aufforderung war an die Bundesregierung gerichtet, die Stärkung der Kommunen durch die rot-grüne Landesregierung verdiene große Anerkennung. Schulte plädierte für weitere Investitionen in Bildung und Betreuung, für eine nachhaltige Stadtentwicklung und die Bekämpfung von Feinstaub. Hier kommt die ganze Haushaltsrede:

Nachhaltig Zukunft gestalten

Wir beschließen heute ein Sparpaket, das bis 2020 allen Hernerinnen und Hernern viel abverlangen wird, z.B. durch Erhöhung der Grundsteuer B. Dies enthebt uns aber nicht der Verantwortung auch während dieser Zeit Hernes Zukunft nachhaltig zu gestalten.

Die Haushaltslage ist – wie schon seit gut zwei Jahrzehnten – trostlos. Ein Hoffnungsschimmer ist jetzt immerhin, dass die Notlage der Kommunen und hier insbesondere der des Ruhrgebietes auch auf Bundesebene zur Kenntnis genommen wird. Die breite Berichterstattung in den Medien über die Fehlsteuerung der Solidarpakt-Mittel in Erhebung und Verteilung hat hier ein kurzes Innehalten bewirkt.
Auf Bundes- und Landesebene ist jetzt durch den europäischen Fiskalpakt, der ein reiner Sparpakt ist, der Streit ausgebrochen, wie die öffentlichen Haushalte saniert werden können. Der Bund und auch die Länder haben in der Vergangenheit eigene Sparleistungen dadurch erbracht, dass sie Aufgaben an die Kommunen delegiert haben.
Offenbar ist mittlerweile den Beteiligten klar, dass man nicht den Kommunen ständig neue Aufgaben ohne Finanzierungsbasis zuweisen kann!
Die jetzt zwischen Bund und Ländern vereinbarte Neuverteilung der Lasten in Höhe von rund 5 Mrd. € könnte auch für Herne einen mehrstelligen Millionenbetrag ausmachen. Aber auch wenn man diesen, in der Höhe noch unbekannten, Betrag berücksichtigt, wird der kommunale Haushalt kaum entlastet.
So kommt der Kommunalpolitik die undankbare Aufgabe zu, auch weiterhin jede Menge von Bund und Land beschlossener Leistungen zu erbringen, ohne dass die Finanzierung ausreichend ist. Wir erbringen diese Leistungen indem wir an anderer Stelle Sparen, z.B. durch Schließung von Büchereien, eigene Steuernerhöhungen und natürlich auch durch neue Schulden.
Die rot-grüne Landesregierung hat eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, die die kommunalen Haushalte entlasten sollen.
Der Stärkungspakt soll dazu führen, dass die gemeindlichen Haushalte nach 2020 ohne Sonderzuweisung dauerhaft ausgeglichen werden können. Aufgrund der Erfahrungen in der Vergangenheit ist nicht mit einer durchgreifenden Sanierung zu rechnen. Immerhin betreibt die Stadt Herne seit zwanzig Jahren Haushaltskonsolidierung – das Ergebnis sind Substanzverzehr, Aufgabe von Infrastruktur, Personalabbau, Rückgang von Ersatz- und Modernisierungsinvestitionen und trotzdem Defizite im Haushalt, die bis zur Nicht-Genehmigung führten.
Die Initiative des Landes verdient trotz vieler Einwände dennoch große Anerkennung, da eine beachtliche Anstrengung unternommen wird, um über das GFG und durch Sondermittel die kommunalen Haushalte zu stärken.
Eine ebenso wirksame Beteiligung des Bundes an der Sicherung der Gemeindefinanzierung ist bekanntlich im Rahmen Gemeindefinanzreform verweigert worden.

Wir brauchen nicht nur einen Wachstumspakt für Italien und Spanien, sondern auch für Herne und Wanne-Eickel!

Die Absurdität des  Sparprogramms zeigte sich zuletzt im Hauptausschuss. Wir beraten über Sparmaßnahmen, gleichzeitig werden wir von der Verwaltung informiert, dass eine Rückforderung des Landes in Millionenhöhe ansteht. Niemand hat damit gerechnet. Man stellt sich jedoch automatisch die Frage, welche Leichen liegen noch im Keller?

Im Folgenden möchte ich ein paar Politikfelder näher betrachten!
Beginnen möchte ich mit einem Zitat von Winston Churchill:

„Eine Gemeinde kann ihr Geld nicht besser anlegen, als indem sie Geld in Babies steckt.“

Bildung und Prävention sind notwendig, um Hernes Zukunft nachhaltig zu gestalten!
In den letzten Jahren sind hier bedeutende Anstrengungen unternommen worden. Hier sind die „Frühen Hilfen“ z. B. die Hausbesuche bei den Familien neugeborener Kinder zu nennen.
Auch der Ausbau der Familienbildung zeigt erste Wirkungen. Diese Anstrengungen sind zu intensivieren!
2005 lag die Betreuungsquote bei unter 3-jährigen bei unter 2% in Herne. In diesem Jahr erreichen wir bereits 28%, im nächsten ca.32.  Die Bedarfsabfrage bei Eltern zeigt, dass der Wunsch nach einem Betreuungsplatz allerdings weitaus höher ist; die Abfrage zeigt einen Bedarf von 42%! Und ich erinnere mich gut an die Aussage von Herrn Klonki, der meinte eine Quote von 12% sei für Herne allemal ausreichend!
Um frühkindliche Bildung zu fördern und dem Rechtsanspruch gerecht zu werden wird die Bedarfsquote in den nächsten Jahren eher bei 50% liegen!

In Herne leben immer weniger Kinder. Dies führte bereits in der Vergangenheit zu Schulschließungen, weitere werden folgen. Die intensive Beratung in eigenen, dem Schulausschuss vorgelagerten, Arbeitskreisen hat sich bewährt. Es ist in Herne gelungen, ein sachliches Diskussionsklima zu schaffen, das bislang in den verschiedenen Problemfeldern gute und breit getragene Lösungen ermöglicht hat. Wir hoffen, dass dies auch weiterhin so der Fall sein wird!

Um dem Bildungssystem in Herne eine Zukunft zu geben, ist es jedoch auch dringend erforderlich zu investieren! Anpassung von Infrastruktur ist nicht nur zum Sparen da, sondern muss zu einer deutlichen Qualitätsverbesserung führen.

Ein besonderes Augenmerk muss auf den Übergang Schule Beruf gelegt werden! Auch wenn sich die Zahlen in den letzten Jahren verbessert haben, gibt es immer noch zu viele Jugendliche ohne Schulabschluss und zu wenige, die eine Berufsausbildung bekommen.

Investitionen in Bildung sind Investitionen in die Zukunft!

Demografischer Wandel bedeutet aber auch, dass in Herne immer mehr ältere Menschen wohnen. Was wir an öffentlicher Infrastruktur bei Kindern abbauen, muss für eine älter werdende Bevölkerung aufgebaut werden!
Die meisten Menschen wollen in ihrer eigenen Wohnung alt werden. Sie brauchen jedoch immer mehr Unterstützung.
Die Verwaltung hat mit einer Reihe von Berichten, so etwa dem gerade vorgestellten Bericht „Sozialdemografische Aspekte der Lebenslage im Alter“ durchaus interessantes Material vorgelegt. Allerdings ist es bislang nicht gelungen, ein modernes Leitbild und daraus abgeleitet Leitlinien für die Stadt zu entwickeln!

Wir brauchen quartiersbezogene Altenarbeit, mit Treffpunkten, Beratung und Pflege!
Außerdem müssen alternative Wohnformen entwickelt und unterstützt werden!

Die Langzeitarbeitslosigkeit ist in Herne weiterhin hoch! Arbeitsplätze für geringqualifizierte sind Mangelware. Unter diesen schwierigen Rahmenbedingungen gelingt es dem Jobcenter durch innovative Maßnahmen teilweise gegenzusteuern.

Der Herner Kombilohn z.B. findet in der Fachwelt landesweite Anerkennung!

Den Herner Grünen liegt neben der Bildung ein weiteres Thema, die nachhaltige Stadtentwicklung, am Herzen!

Nachhaltige Stadtentwicklung ist in einer dichtbesiedelten Stadt wie Herne besonders wichtig!

Hier gilt es nicht nur Bauflächen zur Verfügung zu stellen. Dies ist durch die Erstellung des Wohnbauflächenentwicklungsprogramms (WEP) hinreichend und gut geregelt!
Nicht alle Hernerinnen und Herner wohnen jedoch in Einfamilienhäusern! Die Menschen möchten Grün- und Freiflächen in ihrem Wohnumfeld. Die Herner Grünen wollen ein Freiflächensicherungs- und aufwertungsprogramm. Aus diesem Grund haben wir im letzten Jahr einen entsprechenden Antrag zusammen mit unserem Kooperationspartner gestellt. Wir erwarten noch in diesem Jahr erste Ergebnisse, die wir zukünftig in der Stadtentwicklung berücksichtigen können.

Endlich haben sich auf Bundesebene SPD und Grüne auf Tempo 30 in Städten geeinigt. Eine Umsetzung führt neben verringerter Feinstaubbelastung auch zu einem deutlichen Rückgang der Unfälle mit Personenschaden! Die Herner Grünen begrüßen diese Initiative und sind sicher, dass auch der örtliche Kooperationspartner an der Umsetzung interessiert ist!

Ein großes Problem ist die Feinstaubbelastung im Wanner Norden. Die Messstation an der Recklinghäuser Straße hat bereits im Juni eine deutliche Überschreitung der zulässigen Feinstaubgrenzwerte registriert. Gegenüber der Situation im Jahr 2011 ist schon jetzt eine weitere Verschlechterung zu erwarten. So wurden in 2011 die Grenzwerte an 67 Tagen überschritten, bis Mitte Juni wurden bereits über 50 Überschreitungen verzeichnet.
Wir müssen hier eindeutig feststellen, dass die Verwaltung ihrer Pflicht zur Einhaltung der Grenzwerte bislang in keiner Weise nachgekommen ist. Auch wenn anerkannt werden muss, dass die der Feinstaubbelastung zugrunde liegenden Quellen sich häufig dem Zugriff und Einfluss kommunaler Maßnahmen entziehen, so hätte in der langen Zeit seit Feststellung des Belastungsschwerpunktes in Wanne-Nord sicher die eine oder andere Maßnahme ausprobiert werden können.
Den Anwohner/innen der Recklinghäuser Straße und der angrenzenden Wohngebiete ist die jetzige Situation nicht weiter zumutbar. Die ständige Überschreitung der Grenzwerte für Feinstaub stellt immerhin eine andauernde Gesundheitsgefährdung dar.
Aus Sicht der Grünen Fraktion sind die jetzt vom FB Umwelt angedachten verkehrslenkenden Maßnahmen wichtige Einzelmaßnahmen. Zusätzlich sollte aber auch die Ausweisung von Tempo 30 im Beobachtungsgebiet vorbereitet werden sowie zumindest partielle Fahrverbote für LKW.
Hinsichtlich der Identifizierung von Feinstaubquellen sollte auch geprüft werden, in welchem Umfang die WHE möglicherweise ein bedeutender Verursacher sein könnte. Im vorletzten Emissionsbericht des Landes war die WHE als bedeutender Emittent aufgeführt. Dies wurde damals darauf zurückgeführt, dass die WHE die nationale Kohlereserve am Kanal abgehaldet hatte.
Zurzeit wird seitens der WHE Kohle in erheblichem Umfang aufgehaldet, sodass der Verdacht nahe liegt, dass dies erheblichen Einfluss auf die Feinstaubkonzentration im Bereich der Messstation hat.
Erläuterungsbedürftig ist aus unserer Sicht auch radikale Beschneidung des Straßenbegleitgrüns im Bereich der Recklinghäuser Straße. Die Maßnahmen des Betriebs „Stadtgrün“ haben die Filterfunktion des Straßenbegleitgrüns erheblich reduziert und verstärken damit die Feinstaubbelastung. Hier werden offenbar aus Überlegungen zur Kostensenkung bei der Grünpflege schädliche Entscheidungen getroffen. Es ist aus unserer Sicht wenig hilfreich, wenn verschiedene Verwaltungsteile gegensätzliche Maßnahmen treffen.
Wir erwarten im Gegenteil, dass die Bekämpfung des Feinstaubs koordiniert erfolgt.

Nun ein paar Worte zum Sport, das Fußballzentrum in Horsthausen ist auf den Weg gebracht. Für den Herner Vereinssport ist dies ein außerordentliches Projekt und wird zu einer deutlichen Aufwertung des Stadtteils Horsthausen führen.

Aus Sicht der Herner Grünen handelt es sich jedoch um ein einzigartiges Projekt!
Eine Wiederholung in einem anderen Stadtteil werden wir nicht stemmen können!

Wir sind optimistisch, dass der Neubau des Wananas in verbesserter Konzeption und mit Anbau eines neuen Badbereiches für das Schul- und Vereinsschwimmen realisiert werden kann. Das alte und marode Hallenbad Eickel könnte dann aufgegeben werden. Die bisherigen Verhandlungen mit der Versicherung und die hervorragende Vorplanung der Bäder GmbH und der Sportverwaltung geben uns Anlass zu diesem Optimismus.

Die Krise der WHE währt nunmehr etliche Jahre. In der Gesellschaft ist vieles verändert worden, eine durchgreifende Gesundung ist aber noch nicht zu erkennen. Mit dem Kauf der WHE durch die STWH konnte zwar steuerliche Vorteile generiert und Finanzkraft für Investitionen geschaffen werden, es bleibt aber abzuwarten, ob das durch den Ausbau des Container-Umladeterminals gestärkte Geschäftsfeld die Gesellschaft in naher Zukunft wirklich stabilisieren kann. Die aktuelle Entwicklung im Unternehmen ist eher zwiespältig.

Die STWH gestalten mit ihren Investitionen die Energiewende in Deutschland mit. Wir Grünen werden auch weiterhin für verstärkte Investitionen in regenerative Energieerzeugung eintreten. Unternehmenskäufe und Beteiligungen müssen sich auch in Zukunft weitgehend im Kerngeschäft der STWH – also im Energiesektor – abspielen.
Positiv sehen wir die mögliche Beteiligung an der Gründung eines Stadtwerks in Recklinghausen und die Kooperation mit den Stadtwerken Herten.
Im Energieerzeugungsbereich erscheinen uns noch Beteiligungen an Windparks sinnvoll; hier ist die Kooperation mit Stadtwerken aus dem Umland, z.B. Herten, wichtig, da diese Städte Außenflächen haben, auf denen Anlagen errichtet werden können. Ausbaufähig ist auch noch der Sektor Biogasanlagen.
Mit den Beteiligungen an den Kohlekraftwerken in Hamm und Lünen sehen wir den fossilen Kraftwerksbereich ausreichend und mit den Zielen der langfristig angelegten Energiewende angemessen vertreten.

Gestatten Sie mir nun zum Abschluss einige Worte zur Personalentwicklung bei der Stadtverwaltung.
Die gesamte Verwaltung zeigt eine deutliche Überalterung, besonders die mittlere und obere Führungsebene wird in wenigen Jahren zu großen Teilen in den Ruhestand gehen. In dieser Situation ist es unabdingbar, geeignetes Personal für Führungspositionen zu schulen und weiterzubilden!
Außerdem muss die Zahl der Auszubildenden dem Bedarf angepasst werden! Hierbei sollten verstärkt die Kompetenzen von Menschen mit Migrationshintergrund Beachtung finden.

Ich schließe mit einem Zitat von Epikur:

„Wir dürfen nie vergessen, dass die Zukunft zwar gewiss nicht in unsere Hand gegeben ist, dass sie aber ebenso gewiss doch auch nicht ganz außerhalb unserer Macht steht.“